Die Entstehung
Die Ortschaft Jakobsberg bei Beverungen ein bedeutender Wallfahrtsort des ausgehenden 15. Jahrhunderts
Jakobsberg – 7 km von Beverungen entfernt und heute mit ca. 300 Einwohnern eine der kleinsten Ortschaften der Stadt Beverungen – liegt auf der westlichen Seite der Weser und zwar auf einem mächtigen Muschelkalkmassiv, dessen von Kerbtälern zerschnittene Ränder steil zur Bever und Weser abfallen.
Jakobsberg liegt im südlichen Teil des Weserberglandes, das im Süden durch die Diemel vom hessischen Bergland getrennt ist. Nur wenige Kilometer entfernt, verlaufen am Dreiländereck die Grenzen zwischen den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Mit einer Höhenlage von 340 m zählt Jakobsberg zu den höchstgelegenen Ortschaften des Kreises Höxter, völlig abseits lärmenden Verkehrs.Jakobsberg wurde erstmals um 973 in dem Schenkungsregister des Benediktinerkloster Corvey als „Haddenberg“ erwähnt. Haddenberg wurde wahrscheinlich nach dem ersten Siedler benannt, der wohl den Namen Hado oder Hatto hatte, eine Abkürzung von Hadumar, d.h. der berühmte Kämpfer. Gegen 1460 fanden mehrere Wallfahrten zur Ehren dem Hl. Jakobus nach Haddenberg statt. Aus diesen Wallfahrten resultiert der heutige Name Jakobsberg.
In der Festschrift zum 1000-jährigen Ortsjubiläum aus dem Jahr 1973 erwähnte der damalige Beverunger Stadtheimatpfleger Richard Dohmann, dass der Ort gemäß der mündlichen Überlieferung der Bewohner im Mittelalter ein bedeutender Wallfahrtsort gewesen sei. Diese Behauptung, die immer mehr im Dunkel der Geschichte zu verschwinden drohte, erhielt nun eine unerwartete wissenschaftliche Untermauerung.
Neuere wissenschaftliche Forschungen, hauptsächlich basierend auf den Arbeiten von Dr. Hartmut Kühne von der Humboldt-Universität zu Berlin, haben gezeigt, dass der Ort Jakobsberg von ca. 1480 bis zum Beginn der Reformation ein bedeutender Jakobus-Wallfahrtsort war. Dr. Kühne spricht sogar "vom bedeutendsten Jakobus-Wallfahrtsort im nördlichen Reichsgebiet. Dieser Einschätzung liegen die Funde von 13 Pilgerzeichen zugrunde, die in Jakobsberg zu jener Zeit gefertigt wurden. Ein Pilgerzeichen ist eine kleine Brosche, die am Hut oder Mantel getragen wurde. Bei dem Jakobsberger Pilgerzeichen ist eine Jakobusfigur mit einer Jakobusmuschel und eine kleinere Figur, vermutlich der Schäfer aus der örtlichen Jakobussage abgebildet. Pilgerzeichen aus Jakobsberg wurden in den Niederlanden, in Bremen und vor allem in Sachsen-Anhalt und Brandenburg gefunden. Meist liegen die Pilgerzeichen als Glockenabgüsse vor.
(Abguss des Jakobsberger Pilgerzeichen auf einer Glocke aus dem Jahre 1483 aus Mingerode bei Duderstadt)
Die Funde dieser Pilgerzeichen in Verbindung gebracht mit den Ausführungen eines Stralsunder Bürgertestaments aus dem Jahre 1490, in welchem verfügt wurde, dass ein Pilger an des Bürgers statt zum hl. Jakob nach dem "Hardenberge" ziehen soll, brachten den entscheidenden Durchbruch. Dr. Kühne fand weiterhin ein Testament eines Braunschweiger Bürgers, in dem in gleicher Weise eine Wallfahrt "to sunte Jacobbe in Westfalen" aufgetragen wurde. Da der Ort bis zum Beginn der Wallfahrt Haddenberg hieß und sich der Name erst im Zuge der Jakobusverehrung in Jakobsberg wandelte, beziehen sich diese beiden Schriftzeugnisse aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert auf den kleinen Ort bei Beverungen.
Auch in der offiiziellen Kirchengeschichte findet man Indizien zu der These, dass hier ein Wallfahrtsort von überregionaler Bedeutung entstand. Anno 1480 übergab Papst Sixtus IV. den Corveyer Mönchen den Ort. Diese bauten die baufällige Kirche wieder auf und kümmerten sich um die Versorgung der dort zusammenströmenden Pilger. Sie entwarfen, gossen und verkauften wohl auch die oben erwähnten Pilgerzeichen. Der Verkauf der Pilgerzeichen, neben anderen Spenden und Opfergaben, entwickelte sich zu einem guten Geschäft, so dass auch Begehrlichkeiten bei anderen kirchlichen Stellen geweckt wurden.
Schon 1481 kam es zu einer Übereinkunft zwischen den Corveyer Mönchen und dem Paderborner Bischof, dass die Einkünfte aus dem Verkauf der Pilgerzeichen geteilt werden sollten.
Die Gründung der Jakobsberger Schützenbruderschaft im Jahre 1485 kann auch nur in dem Zusammenhang mit dem einsetzenden Pilgerstrom gesehen werden. In keinem anderen Ort der Stadt Beverungen und weit darüber hinaus kam es zu so einem frühen Zeitpunkt zur Gründung so einer Vereinigung. Die Unterbringung und Versorgung der zahlreichen Pilger in dem kleinen Dorf brachten eine Menge konkreter Probleme mit sich, für die die Corveyer Mönche dringend Unterstützung vor Ort benötigten.
All dies fiel vermutlich in den Aufgabenbereich der neu gegründeten Schützenbruderschaft, denn auch die an anderen Orten gegründeten Jakobus-Bruderschaften kümmerten sich um das seelische und leibliche Wohl der Pilger.
Durch das bald heraufziehende Zeitalter der Reformation geriet die Heiligenverehrung und damit verbunden die Wallfahrten ins Hintertreffen. Die Rückbesinnung auf die Worte des Evangeliums änderte nicht nur die Geisteshaltung derjenigen Menschen, die sich der Reformation anschlossen, sondern veränderte auch das Bewußtsein der Christen, die der römischen Kirche treu blieben. Somit fand die Wallfahrt in Haddenberg respektive Jakobsberg, die in den 1470'er Jahren langsam begann, seinen Höhepunkt vermutlich um das Jahr 1490 hatte, seinen Ausklang in der 1520'er Jahren, bevor sie in den Wirren der Glaubensauseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts ganz verschwand.
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